Land NRW hat Heimkinder für Impftests missbraucht

Stand: 25.02.2024

Die NRW-Landesregierung hat in den 60er Jahren erlaubt, dass an Heimkindern Pockenimpfstoff getestet wurde. Das belegen historische Dokumente, die der WDR einsehen konnte.

Von Arne Hell und Niklas Schenk

Die Pocken waren in Europa einmal eine gefürchtete Krankheit. Wer an diesem Virus erkrankte, hatte ein hohes Risiko zu sterben. Wer überlebte, war oft mit wulstigen Narben übersät. Noch bis 1976 gab es in Deutschland eine Impfpflicht gegen Pocken.

In Nordrhein-Westfalen kümmerte sich damals eine eigene Behörde um den Schutz der Bevölkerung, die Landesimpfanstalt in Düsseldorf. Sie stellte Pockenimpfstoff selber her – und testete ihn dann an  Kindern, die in Heimen lebten. Also an Kindern, bei denen man dies ohne Einwilligung der Eltern tun konnte.

Bis 1976 galt in Deutschland eine Impfpflicht gegen Pocken

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Die Recherche ihres Lebens

PHARMAZEUTISCHE VERSUCHE

Sylvia Wagner ist bei Nonnen und in einer Pflegefamilie aufgewachsen. Als erwachsene Pharmazeutin hat sie aufgedeckt, dass Medikamente bis in die Siebzigerjahre an Heimkindern und „milieugeschädigten“ Jugendlichen getestet wurden. Davon betroffen war auch ihr eigener Bruder.

Einen großen Stapel Dokumente hatte sich Sylvia Wagner an jenem Tag aus dem Archiv des Pharmaunternehmens Merck in den Lesesaal kommen lassen. Es würde wieder einige Stunden dauern, sich durch die ohne klare Ordnung abgelegte Korrespondenz der Firma mit Behörden und Instituten aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren zu arbeiten. Bald aber stieß Wagner, selbst Pharmazeutin, auf Unterlagen, in denen es um die Prüfung neuer Medikamente in Heimen, Kliniken oder Psychiatrien an „schwer erziehbaren“ oder als „schwachsinnig“ abgestempelten Kindern und Jugendlichen ging. Seitenlang berichteten die Anstaltsmediziner über die angeblich gute Wirkung der erprobten Medikamente. Die Heranwachsenden seien wesentlich ruhiger oder durch die Sedierung überhaupt erst zugänglich für eine Psychotherapie.
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GEWONNEN! ENDLICH!

Ein Update zum Post vom 30. September 2020

Uns liegt jetzt das Urteil vor, dass der Kläger, Michael Decker, uns freundlicherweise überlassen hat. Wir wollen dies hier öffentlich teilen, denn es ist sozusagen ein Lehrstück deutscher Juristerei, ein Lehrstück auch von der Verkommenheit und Verlogenheit mancher Gutachter:innen. Ein Lehrstück auch dafür dass letzten Endes das Recht (manchmal) doch eine Chance bekommen kann.

Und natürlich wirft es ein geradezu grausames Schlaglicht auf die Verhältnisse in deutschen Heimen (in diesem Falle) der 60er und 70er Jahre.

Das Urteil wird auf Wunsch des Klägers in voller Länge und mit sämtlichen Angaben veröffentlicht. Geschwärzt haben wir lediglich einen Teil des Lebenslaufes des Kläger (NACH der Heimzeit), von dem er nicht will, dass er öffentlich wird, sowie natürlich die Adresse des Klägers.

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Statt Hilfe – Einlieferung in die Psychiatrie!

Ein verzweifeltes ehemaliges Heimkind wendet sich an Ministerpräsident Söder (Bayern) um Hilfe in ihrem Verfahren zu erbitten.

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Statt einer Antwort (oder gar der erbetenen Hilfe), klingelte die Polizei – mit einer Einweisungsverfügung in die Psychiatrie!

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Wir finden es unverständlich, wie hier auf die Aufforderung, bei der Aufklärung der an ihr begangenen Verbrechen behilflich zu sein (nach immerhin 20 Jahren!) reagiert wird!

Wir haben Namen, Adresse, Telefonnummer in den hier abgebildeten Dokumenten unkenntlich gemacht. Sie sind uns bekannt.